Designbutik besucht den Kanzlerbungalow in Bonn
 

12.06.2014Designbutik besucht den Kanzlerbungalow in Bonn

1963 beauftragte der damalige deutsche Bundeskanzler Ludwig Erhard den Architekten Sep Ruf mit dem Bau eines zeitgemässen Kanzler-Wohnhauses. Dieser entwarf daraufhin einen eingeschossigen Flachdachbau, dessen Grundfläche aus zwei sich an einer Ecke überlappenden Quadraten mit jeweils einem Innenhof bestand. Der grössere Teil umfasste das Arbeitszimmer des Kanzlers, einen grosszügigen Wohn- und Essraum, der repräsentativen Zwecken diente und zahlreiche Gäste bei offiziellen Anlässen aufnehmen konnte, sowie eine Grossküche auf der dem privaten Wohnbereich zugewandten Seite. Das kleinere Quadrat beherbergte die eigentliche Kanzlerwohnung, deren Räume um ein Atrium mit kleinem Schwimmbecken angeordnet waren.

Ruf hatte bereits in der Zwischenkriegszeit erste Flachbauten in München erstellt, orientierte sich aber beim Kanzlerbungalow offensichtlich an der Wohnarchitektur Kaliforniens, wie sie etwa für Richard Neutra typisch war. Das auskragende Dach wird im Gebäudeinnern von wenigen schlanken Stützen getragen, so dass sämtliche Aussenwände als grossflächige Glasfenster ausgeführt werden konnten. Damit eröffnet sich bereits beim Betreten des Hauses durch den Haupteingang der Blick auf den Rhein. Diese räumliche Transparenz sollte durchaus als Versinnbildlichung demokratischer Tugenden verstanden werden, an denen sich Westdeutschland (in Abgrenzung zum Osten) orientieren wollte. Die Innenausstattung gab einen weiteren Aufschluss darüber, wer die Schirmherrschaft über die junge Demokratie übernommen hatte: Neben den Lampen- und Tischentwürfen Rufs kamen zahlreiche Lobby-Chairs von Charles und Ray Eames zum Einsatz – amerikanische Möbel also anstelle von deutschen.

Nicht alle Bewohner teilten Erhards indes Enthusiasmus für moderne Bauformen. Sein Nachfolger Kiesinger etwa liess sich von Herta-Maria Witzemann eine Einrichtung mit antiken Möbeln und crèmeweissen Tapeten zusammenstellen und Brandt wollte gar nicht erst im Bungalow wohnen. Glücklicherweise entschied die Stiftung, die mit der Restaurierung und dem Erhalt des Gebäudes betraut wurde, diese Zutaten – mit Ausnahme der von Hannelore Kohl ausgewählten Beleuchtung über dem grossen Esstisch – durch eine Einrichtung im ursprünglichen Sinne zu ersetzen. Dagegen entschied man sich, die Privatwohnung mit der Ausstattung der letzten Bewohner Helmut und Hannelore Kohl zu belassen, die bei Inneneinrichtungsfragen ganz offensichtlich kein glückliches Händchen bewiesen. Beigebraune Sitzecken mit antiken Zutaten garniert, lassen den nach einer Kürzung der Gelder ohnehin kleiner als geplant ausgeführten Wohntrakt heute eng und fade wirken.