Designbutik in Finnland 2: Sanatorium von Alvar Aalto in Paimio
 

8.08.2013Designbutik in Finnland 2: Sanatorium von Alvar Aalto in Paimio

Aufgrund der grossen Zahl der Turbekuloseerkrankungen gab der noch junge finnische Staat Ende der zwanziger Jahre mehrere Sanatorien in ganz Finnland in Auftrag. Da gegen die Krankheit keine anderen Mittel als Ruhe und Liegekuren zur Verfügung standen, waren die meisten Patienten notgedrungenermassen „Langzeitgäste“. Alvar Aalto, der den Wettbewerb für das Sanatorium im nahe von Turku gelegenen Paimio gewonnen hatte, war deshalb darum bemüht, den Patienten einen möglichst angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen und schuf einen seiner ersten ganz im Sinn des Funktionalismus geplanten Bau. Neben der Anordnung der Gesamtanlage und der äusseren Erscheinung, die sich mit ihrem Flachdach, den Bandfenstern und Dachterrassen an die Architektur Le Corbusiers anlehnt, zeigt sich dies vor allem in Details: Türfallen und Treppengeländer sind beispielsweise so gestaltet, dass man sich mit den Jacken- oder Hemdsärmeln nicht verfangen kann. Abgerundete Ecken und Kanten sollen die Reinigung erleichtern. In den Patientenzimmern ist die Grundbeleuchtung so angebracht, dass sie in der Liegeposition ausser Sichtweite liegt. Die Nachttischlampen können auf dem Beistelltisch abgestellt oder am Kopfende des Betts eingehängt werden. Neu entworfen hatte Aalto auch die Lavabos, die dank schräg verlaufender Rückwand einen möglichst geräuscharmen Wasserlauf garantieren sollten – allerdings neigte damit das Wasser über den niedrig angelegten vorderen Rand hinaus zu schwappen. Kritik wurde auch an den an der Wand hängenden Schränke geäussert, wobei hier die Ursache nicht in der mangelnden Zweckmässigkeit lag, sondern darin, dass die schlichten Kisten manche Patienten an Särge erinnerten. Grösserer Erfolg war dem ebenfalls für das Paimio-Sanatorium entworfenen Sessel beschieden, der bis heute von der Mitte der dreissiger Jahre gegründeten Firma Artek hergestellt wird. Der aus einem geschwungenen Stück Sperrholz bestehende Sitz federt leicht, macht damit ein zusätzliches Polster überflüssig und ist gleichzeitig leicht zu reinigen.
Nach seiner Fertigstellung gehörte das Sanatorium zu den grössten Spitalbauten Europas und rückte den bis dahin unbekannten Aalto schlagartig als nordischen Vertreter der Moderne ins Rampenlicht. Bis in die sechziger Jahre wurde das Sanatorium in seinem ursprünglichen Bestimmungszweck genutzt. Nachdem Antibiotika gegen Tuberkulose eingesetzt werden konnte, wurde es als normales Spital umgenutzt. Eine weitere Nutzung als Spital würde heute umfangreiche Umbauten nötig machen, was aus denkmalpflegerischer Sicht nicht in Frage kommt, so dass in den kommenden Jahren eine erneute Umnutzung vollzogen werden muss.