Designbutik am Mittelmeer: E1027
 

14.08.2015Designbutik am Mittelmeer: E1027

Bereits im Winter vor einem Jahr hatten wir bei stürmischem Wetter nach einer Kletterpartie durch die Felsenklippe einige Blicke auf die der Öffentlichkeit nicht zugängliche Villa E1027 werfen können (Designbutik an der Côte d’Azur). Diesen Sommer bot sich nun die Gelegenheit, die Architekturikone auch von Innen zu besichtigen.

Eileen Gray war 48 Jahre alt, als sie 1926 zusammen mit ihrem damaligen Partner Jean Badovici mit dem Bau ihres ersten Hauses an der felsigen Küste in Roquebrune-Cap-Martin begann. Inspiriert von den Ozeandampfern, mit denen sie die Jahre zuvor viele Reisen unternommen hatte, entwarf sie einen langgezogenen Bau mit schmaler Terrasse, deren Geländer und Sonnensegel an eine Schiffsreling erinnert. Der gläserne Aufbau, der die Wendeltreppe beherbergt,  die auf das Flachdach führt, lässt zudem an die Spitze eines Leuchtturms denken.

Obwohl die Wohnräume alle auf einer Ebene im ersten Geschoss angesiedelt sind und ein grosses Wohnzimmer das Herzstück bildet, distanzierte sich Gray von der Idee des offenen Grundrisses, wie ihn beispielsweise Le Corbusier propagierte. Paravents und Mauer-vorsprünge sowie verschiedene, klar abgetrennte Räume sind so angelegt, dass sich die Bewohner jederzeit zurückziehen können.
Gray selbst hat nur wenige Jahre im Haus verbracht. 1932 trennte sie sich von Badovici und überliess diesem die “maison en bord de mer”. Der eigentliche Bruch erfolgte sechs Jahre später, als Le Corbusier, dem das Haus ausserordentlich gefiel, damit begann, bei seinen Besuchen Wandbilder anzubringen. Als die in Paris wohnende Gray davon erfuhr, war sie dermassen entsetzt darüber, dass sie das Haus nie mehr betrat.

Die Kontroverse darüber, ob die Wandbilder bei der umfassenden Renovation erhalten bleiben sollten oder nicht, wurde einmal mehr – und in diesem Fall muss man wohl sagen leider – zugunsten von Le Corbusier entschieden. Hinzu kommt, dass die Instandstellungsarbeiten des zwischenzeitlich zur Ruine verkommenen Hauses längst nicht über alle Zweifel erhaben sind. So wurden manche Wände auf nicht nachvollziehbare Weise schwarz oder grün gestrichen, obschon aufgrund von Farbproben andere Originalfarbtöne festgestellt worden waren. Damit ist gerade im Wohnzimmer die ursprünglich so sorgfältig abgestimmte Polychromie und damit auch ein entscheidender Teil der Raumwirkung verloren gegangen.

Le Corbusier für seinen Teil errichtete wenige Meter entfernt seine berühmte Cabanon, nachdem es ihm nach dem Tod Badovicis nicht gelungen war, Grays Haus zu kaufen. Hier starb er 1965 beim Schwimmen im Meer in Sichtweite der beiden Architekturikonen.

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Ein kleiner Teil von Le Corbusiers Knochensammlung – dazu gehörte übrigens auch der Oberschenkelknochen seiner vor ihm verstorbenen Frau Yvonne.