Designbutik am Mittelmeer 2: Cité Radieuse von Le Corbusier
 

24.08.2015Designbutik am Mittelmeer 2: Cité Radieuse von Le Corbusier

Bereits in den zwanziger Jahren hatte Le Corbusier radikale Bebauungspläne für urbane Räume vorgeschlagen, um die grassierende Wohnungsnot zu lindern. Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg war in einer Handvoll Städten die Bereitschaft da, die mittlerweile stark abgewandelten Pläne der „vertikalen Stadt“ umzusetzen zu lassen. 1947 begannen in Marseilles die Arbeiten zur ersten unité d’habitation: Le Corbusier sah ein lang gestrecktes auf Stützen stehendes Scheibenhochhaus vor, das als selbstständige kleine Stadt neben 337 Wohnungen auch öffentliche Einrichtungen und Ladengeschäfte beherbergen sollte. Als Grundmass für die verschiedenen Wohnungstypen diente ihm der kurz zuvor entwickelte Modulor. Die zweigeschossigen Wohnungen konnten damit so ineinander verschachtelt werden, dass für die Erschliessung der Wohneinheiten nur in jeder dritten Etage ein Flur nötig war. Trotz 18 Geschossen wurde damit eine rasche Beförderung durch einige wenige Aufzüge gewährleistet. Im Innern waren die Wohnungen mit Einbauküchen von Charlotte Perriand und Treppen von Jean Prouvé ausgerüstet.

Das siebte und achte Geschoss war unter anderem für Aufenthaltsräume, Ladengeschäfte und ein Restaurant reserviert. Auf der öffentlich zugänglichen Dachterrasse gab es eine Sporthalle, eine Tribüne für Freilichtveranstaltungen, ein Wasserbassin und einen Kindergarten. Gerade die in diesem Bereich ausgeführten Bauteile wie beispielsweise die riesigen Kamine zeigen erstmals einen freien skulpturalen Umgang mit Beton, den Le Corbusier dann bei Ronchamps für den gesamten Baukörper einsetzen wird.

Trotz lang anthaltender (zumeist unberechtigter) Kritik an der cité radieuse in Marseilles wurden in Nantes, Berlin, Briey und Firminy weitere unités gebaut. Hinzu kommen zahllose Bauten, die Le Corbusiers Wohnmaschine mal besser und mal schlechter imitierten und bis heute den Städtebau der sechziger und siebziger Jahre prägen. Heute befindet sich in der cité radieuse ein kleines Hotel, so dass man das denkmalgeschützte Gebäude aus nächster Nähe besichtigten kann.

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