Designbutik in Finnland 3: Villa Mairea von Alvar & Aino Aalto
 

14.08.2013Designbutik in Finnland 4: Villa Mairea von Alvar & Aino Aalto

Ihren Namen hat die Villa Mairea von Maire Gullichsen, die zusammen mit ihrem Mann Harry Ende der dreissiger Jahre Alvar und Aino Aalto damit beauftragte, ein Haus in Noormarkku zu bauen. Die Gullichsens stammten aus einer vermögenden Industriellenfamilie und hatten einige Jahre zuvor zusammen mit den Aaltos die Firma Artek mit dem Ziel gegründet, Möbelentwürfe von Aino und Alvar Aalto zu produzieren.

Für den Hausentwurf liessen sie den Aaltos weitgehend freie Hand. Nur den Vorschlag, die Villa ähnlich dem eben fertig gestellten Fallingwater von Frank Lloyd Wright über einem Fluss zu erbauen, wies Harry zurück, weil sich damit sein Arbeitsweg verlängert hätte. Alvar Aalto arbeitete verschiedene Entwürfe aus, blieb aber mit dem Resultat lange unzufrieden. Noch als die Aushubarbeiten bereits im Gange waren, änderte er die Pläne abermals: Anstelle einer separaten Galerie für Maires Gemäldesammlung öffnete er praktisch das gesamte Erdgeschoss zu einem einzigen grossen Raum, der genug Platz für Bilder liess, die nun direkt ins Familienleben integriert wurden.

Das zweigeschossige, L-förmige Gebäude rahmt einen Innenhof mit Pool, der einen Bezug zur finnischen Seenlandschaft schafft, dessen gekurvte Form manche Interpreten aber auch im Zusammenhang mit der Gesamtkomposition der Anlage als Reminiszenz an kubistische Gemälde gedeutet haben. Gut zu dieser These passen würde auf jeden Fall, dass Maire Gullichsen in den frühen zwanziger Jahren in Paris Malerei studiert hatte und von da an eine Vorbliebe für abstrakte Malerei hatte.

An Plausibilität gewinnt der Gedanke aber vor allem dadurch, dass Aalto sich ähnlich den Kubisten einer Art Collagetechnik bedient. Die Villa Mairea erscheint aus der Ferne als weisser Kubus der Moderne, besitzt zum Innenhof hin riesige Schiebeglastüren und weist den bereits erwähnten offenen Grundriss auf. Aus der Nähe betrachtet, fallen dann allerdings die vielen Elemente auf, die an die Natur und an einen ländlichen Baustil erinnern: Das Vordach etwa wird durch roh belassene Holzstämme abgestützt, der Zaun entspricht traditionellen Formen und im Innern werden die Doppelstahlsäulen, mit denen das Obergeschoss getragen wird, durch Rattanschlaufen verbunden. Gerade im Innenraum wird deutlich, dass sich die Aaltos – für die Innenausstattung inklusive der Möbelentwürfe war vor allem Aino verantwortlich – nicht nur von finnischen Vorbildern leiten liessen, sondern allen voran japanische Einflüsse eine grosse Rolle spielten, obwohl die beiden bis dahin nie in Japan gewesen waren. Entstanden ist dadurch eine selbstverständlich erscheinende Mischung aus Moderne und Tradition, die gerade weil sie als Mischung nicht im Fahrwasser der einen oder andern Richtung bleibt, avantgardistisch ist.